Interview mit einer Klientin
Zur Person:
Alter: 34
Beruf: Produktdesignerin B. A.
Hobby: Kunst und Design. Philosophie, Ausflüge in die Natur
Autismus:
Wie kamen Sie zur Autismusdiagnose?
Zur Diagnose kam es bei mir nicht als Kind, sondern erst kürzlich im Alter von Anfang 30 Jahren. In psychiatrischer sowie psychologischer Behandlung bin ich zwar bereits seit meiner frühen Jugend, entweder aufgrund von Begleiterkrankungen oder der letztlich zahlreichen Fehldiagnosen. Der Verdacht auf Autismus kam allerdings erst bei meinem letzten stationären Aufenthalt auf. Die Klinik, in der ich zu dem Zeitpunkt war, hatte zufällig zudem eine Spezialambulanz für Autismus, in der der Verdacht dann auch zeitnah abgeklärt und bestätigt wurde. Hätte ich eine andere Klinik aufgesucht, würde ich vielleicht bis heute nicht ahnen, dass der Grund meiner Schwierigkeiten eine autistische Störung ist
Wie zeigt sich die Autismus-Spektrum-Störung bei Ihnen?
Ich denke, sie unterscheidet sich nicht von der anderer hochfunktionaler Autisten, auch wenn es natürlich Unterschiede gibt. Neben dem Autismus habe ich schließlich auch noch weitere Eigenschaften und Fähigkeiten, die nur mich ausmachen und die es mir ermöglichen, autistische Besonderheiten zu kompensieren. Wie alle Autisten habe ich Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion. Einen intuitiven Zugang werde ich hier wohl nie entwickeln können, aber ich konnte dafür einen rationalen finden.
Was bedeutet Autismus für Sie?
Autismus bedeutet für mich, auch wenn es sehr hart klingt, Isolation. Die Welt der „Anderen“ erscheint so nah und ist doch zum Teil unerreichbar und das wiegt häufig doppelt schwer. Es ist nicht leicht, seinen Platz im Leben zu finden, wenn man sich in vielen Dingen so grundlegend von den meisten unterscheidet. In unserer Gesellschaft steht nicht viel Platz fürs Anders-Sein zur Verfügung, diesen muss man sich erst selbst schaffen. Das ist beschwerlich, aber ich denke, es ist möglich.
Zum Betreuungsangebot:
Worin erhalten Sie Unterstützung vom BEW?
Im Grunde potenziell bei allem, was man sich so denken kann und zum Leben eines jeden eigenständigen Erwachsenen dazugehört. Angefangen bei der Bewältigung der Dinge des Alltags bis hin zur Lebensgestaltung mit allem, was dazugehört. Mein größtes Anliegen ist zurzeit bspw. die Frage: Wie, wo und unter welchen Bedingungen kann ich die für mich passende Arbeit finden und langfristig einer Tätigkeit nachgehen.
Wie erfolgt die Unterstützung?
Meine Bezugsbetreuerin kommt in meinem Fall einmal in der Woche zu mir nach Hause. Manchmal, wenn ich zu erschöpft bin oder Ähnliches, dann weichen wir auf E-Mail- oder Telefonkontakt aus, aber grundsätzlich finden die Besuche in meiner gewohnten Umgebung statt, und wir erledigen oder organisieren dann gemeinsam mein Anliegen. Steht z. B. bald ein Arzttermin bevor, werde ich bei der Vorbereitung unterstützt. Sofern ich Begleitung benötige, gehen wir gemeinsam zum Termin.
Was schätzen Sie an der Unterstützung besonders?
Mein Unterstützungsbedarf kann durchaus variieren. Phasenweise ist er größer, dann wieder kleiner oder einfach ein anderer. Ich habe im Laufe meines Lebens diverse Strategien entwickelt, vieles selbstständig zu bewältigen, dennoch geht mir hin und wieder sozusagen die Puste aus. Dann „funktioniere“ ich nicht so gut, wie ich es üblicherweise kann. Deshalb bin ich froh, zu wissen, dass man mich hier zeitnah und vor allem flexibel auffangen kann.